Schwimmende Aquakulturen – ist das die Lösung?
09.09.2009, 16:05 Uhr
Cuxhaven. Bei Leibe nicht jeder Fisch im Supermarkt wurde als Wildfang aus den Tiefen der Meere gefischt:
Aufgrund des steigenden Bedarfs an Fisch greift die Wirtschaft schon seit einiger Zeit auf Fisch aus Aquakulturen zurück. Die künstliche Zucht von Speisefisch bildet zurzeit den am stärksten wachsenden Zweig der Lebensmittelproduktion – und der Hunger wächst weiter. Mittlerweile wird die Hälfte des weltweiten Fischkonsums durch Fischfarmen bedient, das entspricht einer Menge von 50 Millionen Tonnen pro Jahr.
Mit den konventionellen Aquakulturen in Küstenbereichen sind jedoch auch viele Probleme verbunden. In den Unterwasserkäfigen führt die häufig hohe Besatzdichte dazu, dass sich nicht nur Krankheiten schnell ausbreiten. Der fixe Standort der Farmen führt an den Küsten auch zu einer hohen Konzentration von eingesetzten Medikamenten, Futterresten und vor allem Fäkalien. Die logische Folge sind verseuchte Küstengewässer, die keinem Fisch mehr die notwendigen Lebensbedingungen bieten.

Eine neue Technik soll diesen Umweltbelastungen Einhalt gebieten: Die Hoffnung liegt auf nun auf „schwimmenden Aquakulturen“. Anstatt in einem Käfig aus Netzen, sollen die Fische in einer großen wasserdurchlässigen Glocke auf hoher See gehalten werden. Die Zucht löst sich also von ihrem bisherigen Zuchtort an den Küstengebieten. Die Vorteile liegen auf der Hand: Natürliche Meeresströmungen sorgen für dauernden Wasseraustausch, ausreichend Nährstoffe und die Fäkalien werden großgräumig verteilt – fast wie bei wilden Beständen. Kühne Forscher träumen sogar von ferngesteuerten Zuchtglocken. Diese würden via GPS computergesteuert durch das Meer bis zu ihrem Ziel manövriert, sobald die Speisefische der geforderten Größe entsprächen.

Bislang ist das noch Zukunftsmusik. Kritiker bemängeln auch, dass das Problem der übermäßigen Fäkalien nur verlagert würde und das typische Futterproblem der Aquakulturen ungelöst bleibt: Karnivore Fische wie etwa Forelle oder Lachs benötigen tierisches Eiweiß als Nahrung! Und dazu wird in der Regel Fischmehl und –öl verwendet, welches entweder aus gezüchteten Fischen oder eben aus wild gefangen Tieren hergestellt wird. Nach Schätzungen des World Wildlife Fund (WWF) werden aktuell weltweit etwa ein Drittel aller gefangenen Fische zu Fischmehl bzw. –öl weiterverarbeitet.

Das Futterproblem stellt sich nun wie folgt dar: für ein Kilogramm Fisch aus einer Aquakultur sind ca. vier Kilogramm Wildfang nötig, welcher zu Fischmehl oder –öl verarbeitet wird. Auf den Punkt bedeutet dies: 4 Kilo Wildfang für 1 Kilo Zuchtfisch.
Da für die Produktion des Fischmehls oder –öls überwiegend kleinere Fischarten wie etwa die Sardine genutzt werden, kommt es zu einer Überfischung dieser Bestände, was wiederum Konsequenzen für davon abhängige Arten hat.

Ohne eine Lösung der vielen Probleme der Aquakultur, kann der Bestandschutz letztlich nur durch maßvolles Wirtschaften und verantwortungsvolle Fischerei gesichert werden.



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